29.05.2017rss_feed

In Sulzbach an der Murr fand im Rahmen des Gesundheitsmonitoring Rind (GMON) des LKV Baden-Württemberg im Februar ein Workshop zum Thema ‚Homogene Futtermischungen – der Weg zur besseren Futtereffizienz‘ statt

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Ein gesunder Pansen ist die Voraussetzung einer hohen Milchleistung, erklärt Fütterungsexperte Bernd Broich den zahlreichen Zuhörern im Saal. Eine Schlüsselrolle komme dabei der Vorlage einer homogenen (bedarfsgerechten) Futtermischung zu. Seine Behauptungen untermauert er mit den Ergebnissen aus wissenschaftlichen Untersuchungen und vielen anschaulichen Bildern aus der Praxis.


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Von den Landwirten höre er draußen oft: Meine Kühen geben nicht die Milch, die sie laut Rationsberechnung geben sollten. Dass die Ration auf dem Papier und die von der Kuh gefressene verschieden sind, ist nichts Neues. Broich geht den Ursachen auf den Grund : Von Fehlern bei der Futterkonservierung, bei der Probenahme, über die Schnittlänge des Strohs und schlecht zerkleinerte Maiskörner bis zur mangelhaften Durchmischung infolge abgenutzter Messer oder unebener Stellfläche des Mischwagens – nur ein Drittel der untersuchten TMRs sei rein technisch gesehen ohne Beanstandungen.

Starke pH-Wert-Schwankungen sind für die Mikroben im Pansen tödlich, erklärt Broich, und sollten unbedingt vermieden werden. Zu viel leicht verfügbare Kohlenhydrate aus Schrot und Kraftfutter, übermäßig saure Silagen durch nasse Ernte, zu wenig Struktur im Futter, Stress durch Hitze oder Überbelegung lassen den pH-Wert abfallen (Pansenacidose) und bringen die Verdauung zum Erliegen: Das ist wie nach einem fetten Weihnachtsessen: Da brauch ich erst mal einen Schnaps…. Die Kuh greift dann lieber zu Heu.

 

Die Ration soll für alle Tiere der Gruppe gleich und immer verfügbar sein. Ein korrekt funktionierender Mischwagen und häufiges Nachschieben am Trog sichern, dass die Ration gleich ist, von der vordersten bis zur hintersten Kuh, vom ersten bis zum letzten Krümel der Mischung. Der Trog dürfe nie leer sein, auch nicht nachts: Sie haben so mehr Ruhe im Stall, die Kühe können nicht selektieren, prophezeit der Kuhkenner und meint: die werden Sie hassen…


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Ein Indikator dafür, dass die Ration nicht bei allen Kühen gleich ankommt, sind laut LKV-Berater Uwe Beißwenger stark schwankende Messwerte in der abgelieferten Milch: Wenn die Harnstoffwerte innerhalb von Tagen zwischen 15 und 28 mg/dl variieren, dann muss die Mischung überprüft werden, empfiehlt der langjährige Zuchtwart den 37 Teilnehmern des Seminars, darunter 28 Milchbauern. Er hat den gefragten Fütterungsspezialisten für die Veranstaltung gewinnen können.

Wie fatal Überbelegung ist, hat Stefan Wieland im alten Laufstall erfahren: Ich habe um 20 Kühe reduziert, erzählt der Landwirtschaftsmeister, die Menge im Milchtank ist tatsächlich gleich geblieben…. Auf seinem Betrieb im Schiffrain, am Südhang der Löwensteiner Berge, findet am Nachmittag der praktische Teil des Seminars statt, denn Broich möchte das Futter in der Hand haben, nicht nur auf dem Papier. Wielands Herde ist unlängst in den neuen Laufstall für 150 Milchkühe (Fleckvieh und Holsteins) eingezogen, mit Doppel-Zehner-Side-by-side-Melkstand, in dem Marion Wieland ganz alleine milkt.


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Hier stößt Klaus Krüger dazu: Wir gucken nicht Futter an, wir gucken Kühe an, erklärt der Hoftierarzt, der Kooperationspartner im GMON ist. Er zeigt den interessierten Teilnehmern, wie sie Urin- und Blutproben nehmen und im Schnelltest testen können, um wichtige Gesundheitsparameter der Tiere zu bestimmen. Schwerpunkt legt er dabei auf die Erkennung von (subklinischer) Ketose (Ketonurie), als Folge übermäßigen Fettabbaus nach dem Kalben. Gemessen wird dazu Beta-Hydroxybutyrat (BHB) und die Rückenfettdicke. Frauen können das Aceton ja oft schon riechen. Ich nicht. Kein Wunder: Nagellackentferner wird wohl doch häufiger vom weiblichen Geschlecht gebraucht…

Berater Uwe Beißwenger zeigt, wie im RDV4M in der Rubrik ‚Gesundheit‘ das Ketose-Risiko abgelesen werden kann: Unter KetoMIR ist eine Einstufung der Gefährdung nach dem Ampelsystem (grün, gelb, rot) zu finden. Das trifft zu 84 % zu.

Wie Broich beim Futter, so legt auch Krüger Wert auf den persönlichen Eindruck: Es ist wichtig zu messen, aber ich muss immer auch die Kuh anschauen. Glanzloses Fell, Appetitmangel, glänzender, scheibenförmiger Kot seien untrügliche Anzeichen einer ketotischen Stoffwechselstörung, welche die Leber belastet und schlimme Folgen haben kann.

Und so wird bei strahlendem Sonnenschein Futter gesiebt, beschnuppert, Temperatur gemessen, der Silostock mit der Wärmebildkamera am Smartphone fotografiert, Kühe werden taxiert, in den Schwanz gestochen, Teststreifen in Urin getaucht…

Im Rahmen des GMON werden seit drei Jahren Workshops zu Gesundheitsthemen angeboten: Euter, Kälber, Stoffwechsel, Parasiten, Klauen, Fruchtbarkeit werden heuer an 30 verschiedenen Standorten in Baden-Württemberg behandelt. Mit den Workshops habe der LKV ein gutes Format gefunden, sie hätten einen guten Zulauf, so Geschäftsführer Dr. Gollé-Leidreiter. Geschätzt würde die persönliche Seminaratmosphäre mit den praktischen Anwendungen: Saalfüllende Vorträge sind passé.